Wer einmal in Kalabrien war, kennt sie – überall ist sie entweder in Wurstform, also in Pelle, oder im Glas zu erwerben. Sie ist mittlerweile weit über ihren Herkunftsort hinaus bekannt geworden und hat viele Auszeichungen erhalten. Ihre Liebhaber schätzen sie wegen ihres leckeren Geschmacks verbunden mit einer angenehmen Schärfe – also nichts für Personen, denen eine gute Prise Chili – „Peperoncino“ – schon das Wasser in die Augen treibt.
Die berühmte kalabresische Spezialität ist im aktuellen TasteAtlas – einem Portal aus Großbritannien, das sich als Erlebnisreiseführer für traditionelle und authentische Rezepte sowie klassische regionale Zutaten sieht – gerade als beste Salami der Welt gekürt worden! Dieser selbsternannte „Weltatlas traditioneller Gerichte, lokaler Zutaten und authentischer Restaurants“ beschäftigt sich mit allen möglichen Zutaten, Gerichten und Restaurants aus der ganzen Welt und erweitert sein Spektrum noch beständig.
Wenn auch die Kalabresen stolz sind, dass es eines ihrer Produkte, das dazu aus einem sehr kleinen Dorf stammt, zur besten Salami der Welt geschafft hat, ist die ‚Nduja nicht die einzige Salami in Spitzenqualität, die diese Region zu bieten hat. Beim Besuch einer kleinen Macelleria aber auch bei etwas größeren Manufakturen oder Bauernhöfen erhält man exzellente Salsiccia, Sopressata oder Salame. Ein Ausflug nach Kalabrien lohnt sich auf jeden Fall – schon alleine wegen der leckeren, ursprünglichen Produkte und der daraus entstandenen Gerichte!
Kommen wir zurück zur ‚Nduja.
Hergestellt wird die ‚Nduja in Spilinga, einem kleinen Dorf in der Provinz Vibo Valentia, ganz nah bei der Perle der tyrhennischen Meerseite Kalabriens, dem wunderschönen kleinen Städtchen Tropea. Hier in Spilinga bekommt man die ‘Nduja in ihrer Original-Rezeptur, hier sind die Spezialisten für ihre Herstellung. Die Metzgereien von Spilinga haben natürlich alle diese ganz besondere Wurst in ihrem Sortiment und schicken sie von hier aus in die ganze Welt.
Ihren kalabresischen Dialekt-Namen bekam die ‘Nduja wohl von dem lateinischen Wort „inducere“. Ähnliche Namen findet man bei Salami im Piemont, der “salam dia doja” oder der französischen “andouille”, einer geräucherten Wurst aus Schwein.
Geschichte der ‘Nduja
Die Geschichte der ‘Nduja ist nicht ganz klar, die Wahrheit über ihre Herkunft erfährt man aus den verschiedenen Erzählungen, die von den Vorfahren über Generationen weitergetragen werden und teilweise im Widerspruch zu historischen Erzählungen stehen. Einer Legende nach soll sie französischen Ursprungs sein und in der napoleonischen Zeit nach Kalabrien gekommen sein. In Pizzo, einem Ort nahe der Gemeinde Spilinga, soll ein Cousin Napoleon Bonapartes residiert haben, der sich seine Lieblingswurst, die Andouille, direkt aus Frankreich importieren ließ. Die französische Wurst inspirierte die italienischen Metzger, die daraufhin ihre eigene Version der Andouille schufen. Dieser gaben sie – in Anlehnung an Andouille – den kalabrischen Namen ‘Nduja. Als charakteristisches Gewürz verwendeten sie scharfen kalabrischen Peperoncino.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die ‘Nduja bzw. ihre Vorläuferin, die Andouille, schon viel früher ihren Weg von Frankreich nach Kalabrien fand. Dort wurde die Rezeptur verändert und die scharfen, aber auch fruchtigen kalabresischen Peperoncini, großzügig daruntergemsicht.
Ein weitere Legende meint, dass es die Spanier im 16. Jahrhundert waren, die diese besondere Salami mit Chili mitbrachten.
Zutaten – früher und heute
Sicher ist auf jeden Fall, dass die ‘Nduja früher ein Arme-Leute-Essen war. Sie wurde geboren aus der Not der Bauern, alles, was das Schwein hergab, zu verwerten. Nachdem den Gutsbesitzern die wertvollen Teile des Tieres abgegeben wurden, blieben den Bauern nur die Reste des Schweins. Aber obwohl die ‚Nduja aus diesen weniger edlen Teiles des Tieres produziert wurde, war und ist sie bis heute eine nahrhaftes und wertvolles Nahrungsmittel, auch wegen des hohen Chili-Gehaltes. Ihre Rezeptur ist heute allerdings eine andere als zu der Zeit, als sie aus der Not erfunden wurde. Dem ist sicher auch ihr internationaler Erfolg und Bekanntheitsgrad gedankt.
Heute wird sie lediglich aus großen Teilen aus verschiedenen Fetten des Schweins hergestellt: Speck, Fett und durchwachsener Bauchspeck. Dem wird scharfes, kalabresisches Peperoncino (Chili) zugefügt, je 2 kg Fleisch mischt man rund 1 kg Peperoncino bei. Die ‚Nduja ist nichts für schwache Zungen! Diese Mischung wird mit ca. 3% Salz in den Naturdarm gegeben. Danach wird alles kurz geräuchert und reift dann über mehrere Wochen und Monate unter kontrollierten Bedingungen. Die Dauer der Reifung hängt von der Größe der Wurst ab. Kleine Salamiwürste reifen 45 bis 60 Tage lang, mittelgroße ungefähr 90 Tage.
Die reichliche Zugabe an kalabresischem Peperoncino, der antiseptische und antioxidante Wirkungsweisen hat, ist ein Garant dafür, dass die ‘Nduja keine Konservierungsstoffe und Farbstoffe benötigt. In Spilinga, dem Geburtsort der ‘Nduja, gibt es jedes Jahr am 8. August ein “Festival der ‘Nduja’, die “Sagra della ‘Ndjua”. Von nah und fern, und natürlich viele Touristen, die im Sommer in der Gegend um Tropea Urlaub machen, lassen sich dieses kulinarische Event nicht entgehen. Die ‚Nduja ist ein Produkt, das typisch für Kalabrien steht und mittlerweile in ganz Kalabrien produziert wird. Das Rezept ist fast überall das gleiche, kleine Variationen sind natürlich möglich (so fügen manche auch gekochte, klein geschnittene Schwarte hinzu).
Wie esse ich meine ‚Nduja?
‘Nduja kann auf vielfältige Weise verzehrt werden. Sie ist eine vielseitige Paté, die in der tagtäglichen Küche genauso Verwendung findet wie bei einem besonderen Menü und Gelegenheiten sowie zu Verkostungen mit Wein.
Klassisch ist ihre Verwendung als Bruschetta, einfach geröstetes Brot und etwas angebratene, erhitzte ‘Nduja darauf – lecker! So kann man sie auch – beispielsweise wenn Besuch im Haus ist – einfach auf dem Tisch servieren. Man nutzt dazu eine Scalda ‚Nduja, ein tolles Accessoire, das man einfach wie ein Stövchen mit einem Teelicht auf den Tisch stellt und oben in die Schale ein wenig ‚Nduja gibt. Sobald diese erhitzt ist, streicht man sie auf ein Weißbrot und hat ein leckeres Antipasto zum Gläschen Rotwein.
Sehr lecker schmeckt sie natürlich auch als Basis für eine deftig-pikante Nudelsoße mit Tomaten, ein tolles Rezept das die Aromen Kalabriens wunderbar vereint. Die Original-Nudel dazu ist die “Fileja”, eine Art Fusilli und besondere Nudelform aus Kalabrien. Hat man diese nicht zur Hand, eignen sich auch wunderbar Rigatoni, Paccheri oder Tortiglioni dafür.
Weitere Möglichkeiten ‘Nduja zu verzehren, wozu man natürlich schon ein Freund des Pikanten sein sollte, ist als Begleiter zu reifem Käse, als Füllung bei Omeletts oder als Pizzazutat.
‘Nduja – Symbol Kalabriens
Mittlerweile ist die ‘Nduja ein Symbol für die Region Kalabrien. Kalabrien ist eine Region, die bei Liebhabern des Ursprünglichen schon seit längerem kein Geheimtipp mehr ist. In dieser wilden, noch viel von Hausmannskost und kleinen handwerklichen Betrieben sowie bäuerlich geprägten Kulturlandschaft finden wir viele besondere, hochwertige und geschmackvolle Produkte. Kalabrien besitzt viel Landwirtschaft mit Viehhaltung und Weidewirtschaft, die hier (noch) nicht im Widerspruch zu dem erst seit einigen Jahren mehr und mehr entstehendem Tourismus steht.
Die “Küste der Götter” (costa degli dei), der für mich wunderschönste Küstenteil Kalabriens und vielleicht sogar Italiens, entlang des tyrrhenischen Meeres, erstreckt sich von Pizzo Calabro bis Nicotera im Süden. Neben dem Hinterland mit seinen eher kräftigen Produkten ist die Nähe zum kristallklaren Wasser des Tyrrhenischen Meeres, mit Früchten und Fisch, eine ideale Region, um Badetourismus in einer Synthese mit kulinarischen Entdeckertouren zu verbinden.